Die Bremse des Standard-Käfers - Die Seilzugbremse
Die mechanische Bremse oder auch Seilzugbremse
Standard Käfer der früheren Baujahre bis ca. 1965 waren mit einer Seilzugbremse ausgestattet.
Während das Exportmodell schon früh ab 1950 mit einer hydraulischen Bremsanlage ausgestattet war, wurde beim Standardkäfer lange darauf verzichtet.
Hier ging es sicher in erster Hinsicht um die Einsparung von Kosten bei der Produktion des preisgünstigen Standardmodells.
Aus heutiger Sicht ist die Seilzugbremse sicher eine etwas antiquierte Technik, hat aber im Bereich der VW-Oldtimer und Restauration auch einige Vorteile, die im Folgenden erläutert werden.
Vor- und Nachteile der Seilzugbremse
Wenn man heute Benzin-Gesprächen über die alten mechanischen Bremsen zuhört, werden dort oft viele Vorurteile und Unwahrheiten verbreitet. So berichtete z. B. ein offizieller Museumsführer in einem KFZ-Museum von technisch bedingtem doppelt so langen Bremsweg bei der Seilzugbremse. Das Reibbeläge und Trommelgrößen im Käfer bei der mechanischen Bremsanlage die gleichen wie bei der Hydraulikbremse sind schien hier für Ihn nicht sonderlich ins Gewicht zu fallen. Diese Aussage ist also schlicht falsch.
Grundsätzlich kann man sagen, dass eine korrekt funktionierende und eingestellte Seilzugbremse beim Käfer gleich gut funktioniert wie die entsprechende Hydraulikbremse gleicher Bauart. Wobei wir auch gleich beim einem Nachteil der Seilzugbremse wären.
Die Seilzugbremse hat allerdings einen erheblich höheren Einstell- und Pflegeaufwand, was letztendlich dazu geführt hat, dass man sie heute praktisch nicht mehr verwendet. Seilzugbremsen müssen ordentlich eingestellt sein, damit sie gut funktionieren. Die Einstellarbeiten werden notwendig, da sich Seilzüge im praktischen Betrieb immer ein wenig längen. Die Einstellintervalle sind relativ kurz was bei einem Fahrzeug, das täglich problemlos funktionieren muss sicher ein Nachteil ist. Die korrekte Einstellung der Radbremsen ist für die gleichmäßige Bremswirkung entscheidend. Die gleichmäßige Verteilung des Bremsdrucks ist bei der Seilzugbremse systembedingt schlechter als bei der Hydraulikbremse.
Es ist unerlässlich, die Bremsseile der Seilzugbremse regelmäßig abzuschmieren. Für die kalte Jahreszeit waren früher spezielle Fettfüllungen für die Seilzüge vorgesehen, die eine Eindringen von Wasser in die Bowdenzüge verhindern sollten, damit die Bremsseile bei Temperaturen unter null Grad nicht festfrieren. Hierfür gab es in den Werkstätten spezielle Werkzeuge, die für das Einpressen von Spezielfett in die Züge vorgesehen waren.
Für uns Oldtimer Liebhaber überwiegen nach unserer Einschätzung die Vorteile. Eine Seilzugbremse altert an einem trockenen Standort nicht, was dazu führt, dass auch nach Lagerzeiten von 20 Jahren und mehr eine Seilzugbremse immer noch tadellos funktionieren kann.
Hydraulische Bremsanlagen mit der hygroskopischen Bremsflüssigkeit haben immer das Problem mit korrodierenden Hydraulikkomponenten oder zuquellenden Bremsschläuchen. Dabei spielt es keine Rolle ob das Fahrzeug benutzt wird oder nicht. Eine hydraulische Bremsanlage ist im Alltagsbetrieb sicher unkomplizierter in der Handhabung. Bei einem Oldtimer der nur wenige Kilometer im Jahr fährt und der oft längere Standzeiten hat stellt eine Hydraulikbremse immer ein potentielles Problem dar. Sie steht sich einfach kaputt.
Einen weiteren Vorteil hat die Seilzugbremse beim Käfer noch. Der Einstellmechanismus der Bremsen ist mit einem normalen Schraubenschlüssel an der Rückseite der Brems-Ankerplatte bequem zu betätigen. Die Nachstellräder der hydraulischen Bremsen liegen beim Käfer im Inneren der Bremse und sind nur schwer und unpraktikabel über kleine Zugangslöcher in der Ankerplatte zu erreichen. Die Einstellmuttern in Sternform sind oft korrodiert so das ein sauberes Einstellen der Bremsen fast nicht möglich ist.
Standardkäfer der frühen Baujahre wurden oft nachträglich auf Hydraulikbremsen umgerüstet. Selbst der Hersteller hat damals in seinen Werkstattunterlagen Anleitungen zur offiziellen Umrüstung veröffentlicht. Deshalb ist es oft schwierig, noch unberührte originale Käfer mit Seilzugbremsen zu finden.
Wer einen VW-Oldtimer mit Seilzugbremsen fährt, hat nach unserer Einschätzung keine großen Nachteile. Verschleißteile wie Seile und Bremsbeläge sind am Markt noch problemlos verfügbar. Mechanische Teile wie Betätigungsschienen, Spreizhebel oder Nachstellkegel sind robust aber mittlerweile rar geworden. Hier sind spezielle Teilemärkte auf VW-Treffen wie z. B. in Hessisch Oldendorf oder Bad Camberg die Plätze, wo man solche Teile noch finden kann.
Wir finden die Seilzugbremse im VW-Käfer ist ein Stück Technikgeschichte, das es für die Nachwelt zu erhalten gilt. Wir bremsen aus Überzeugung mit unseren Autos mechanisch mit Seilzügen.
Die Beschreibung der Seilzugbremse
Aufbau
Die mechanische Bremse des Standardkäfers wirkt über 4 Seilzüge auf alle 4 Räder des Wagens. Auch die Handbremse wirkt auf alle 4 Räder. Die Seilzüge sind geschützt im Rahmentunnel in Führungsrohren verlegt. Die freiliegenden Bereiche der Seile sind mit Metallhülle und Kunststoff ummantelt und mit Schmiernippeln versehen. Sie verbinden die Spreizvorrichtungen an den Bremsankerplatten mit der Bremsbetätigungsschiene im Rahmenkopf.
Jede Bremsankerplatte verfügt über einen Nachstellmechanismus mit Nachstellkegel. Hiermit können die Bremsbacken an die Bremstrommel herangestellt werden.
Die 4 Radbremsen des Standardkäfers sind identisch. Sie haben allerdings vorn und hinten eine andere Einbaulage.
Funktion
Das Bremspedal im inneren des Wagens ist mit einer U-Förmigen Bremsbetätigungsschiene verbunden. Die Bremsbetätigungsschiene liegt im Rahmentunnel. Am vorderen Rahmenkopf des Käfers sind die 4 Bremsseile des Käfers in diese Schiene eingehängt. Beim Betätigen der Fußbremse wird diese Schiene in Fahrtrichtung nach vorn geschoben und betätigt somit die 4 Bremsseile, die wiederum die 4 Spreizbügel in den Radbremsen betätigen. Rückzugfedern an den Bremsbacken und an der Bremsbetätigungsschiene ziehen dann alles wieder in die Ausgangstellung, wenn die Bremse nicht mehr betätigt wird.
Im folgenden Funktionsschema ist die Funktion der mechanischen Bremse dargestellt.
Im Inneren der Bremsbetätigungsschiene liegt die sogenannte Bremsdruckstange. Diese ist mit dem Handbremshebel verbunden. Wird die Handbremse betätigt, schiebt diese die Bremsbetätigungsschiene ebenfalls nach vorn. Die Bremsdruckstange hat über ein kleines Gewinde im vorderen Bereich eine variable Länge, mit der eventuelles Spiel ausgeglichen werden kann. Durch diese Art der Konstruktion wirkt die Handbremse auf alle 4 Räder und nutzt die gleichen Bremsbeläge wie die normale Bremse. Deshalb hat die Handbremse beim Standardkäfer auch eine kraftvolle Bremswirkung.
Am Rahmenkopf ist unter einer Abdeckung der Bremslichschalter montiert, der über einen kleinen Hebelmechanismus die Bewegung der Bremsbetätigungsschiene wahrnimmt und die Bremslichter beim Betätigen der Bremse einschaltet. Fotos findet Ihr im Abschnitt "Komponenten der Seilzugbremse".